Nach den Aufregungen der letzten Tage, möchte ich heute einen etwas ernsteren, aber aufklärenden Blogpost verfassen.
Solche Geschichten wie um Lisa aka Candy sind traurig, aber sie geschehen immer wieder. Leider.
Menschen die Dinge ein wenig ausschmücken kennen wir alle und gehören auf jeden Fall alle - jeder einzelne- gelegentlich auch mal dazu. Wenn es aber mehr wird als nur ausschmücken, dann wird es Krankhaft. Fantasie und Realität verschwimmen und werden für den Betroffenen zu einer eigenen Realität, in der er nicht mehr unterscheiden kann was wirkliche Realität ist und was seine Eigene.
Eine ganz berühmte Geschichte handelt von Tanja Head. Tanja behauptete am 11. September im World Trade Center gewesen zu sein. Sogar auf der Etage wo das Flugzeug eingeschlagen ist. Sie arbeitete bei Merrill Lynch. Ihr Verlobter Dave habe den Anschlag nicht überlebt. Ebenso nicht der Feuerwehrmann der ihr das Leben rettete.
Sie hielt viele Vorträge über den Anschlag, war am Ground Zero aktiv, machte zweistündige Rundführungen, gründete eine Selbsthilfegruppe und erntete Respekt und Anerkennung für Ihre Arbeit.
Aber irgendwann nach mehreren Jahren flog sie auf. Die Firma dementierte jemals eine Mitarbeiterin Namens Tanja Head gehabt zu haben und die Familie von Dave - der tatsächlich im WTC ums leben gekommen ist- kannte den namen Tanja Head nicht aus dem Leben von Dave und konnte eine Beziehung der beiden absolut ausschließen.
Ein Schokierender Fall wie ich finde. Aber die Betroffenen Lügen was das Zeug hält und sind dabei absolut glaubhaft. Sie sind meister des Schauspiels und wissen ganz genau wie sie welche Knöpfe drücken müssen, damit man ihnen Ihre Geschichte glaubt.
Ich schrieb im vorherigen Blogpost das ich betroffen bin von soviel Eiseskälte, aber wenn ich genauer drüber nachdenke, bin ich nicht von der Eisseskälte betroffen. Ich bin eher betroffen weil ich ein wenig Mitleid - ja sogar Empathie verspüre.
Hinter solchen Geschichten und ausgedachten Biografien steckt eine ganz traurige Realität. Die Menschen die sich solche Dinge ausdenken leiden an einer ernsthaften Persönlichkeitsstörung.
Ich will damit nicht sagen das dies auf Candy zutrifft, nein ich bin keine Therapeutin, aber ich könnte mir sehr gut vorstellen, das sie dort ins Schema passt.
Bei der Persönlichkeitsstörung handelt es sich um "Pseudologia phantastica" Umgangssprachlich auch unter dem Begriff "Münchhausener Syndrom" bekannt.
Kurz gesagt geht es den Betroffenen darum im Mittelpunkt zu stehen. Zwanghaft. Sie können es nicht selber steuern und wissen auch nicht wieso sie immer solche Geschichten erzählen. Oftmals nehmen die Betroffenen Ihre Lügen gar nicht als Lüge wahr, im Gegenteil sie glauben oftmals das was sie erzählen.
Ursachen können ein stark denunziertes Selbstwertgefühl sein, manchmal ist auch die rede von Hirnschäden oder Traumatischen Erlebnissen in der frühen Kindheit. Oftmals ist ein wahrer Kern in jeder Geschichte zu finden, jedoch kann dieser Überall liegen und muss nicht zwangsweise vom Betroffenen selber erlebt sein.
Die Folgen können gravierend sein. Da wo es mit einer kleinen Ausschmückung anfängt kann es im Extremfall dazu kommen, das die Betroffenen soweit gehen, das sie Krankheitsbilder erfinden um Aufmerksamkeit zu bekommen. Dabei lassen sie Medikamentöse Therapien, Psychotherapien, Klinikaufenthalte oder gar Operationen über sich ergehen.
Im Umfeld kann die Folge genau so dramatisch sein. Das Schmunzeln über die verrückten Geschichten vom Hans, ändern sich schnell in "Der spinnt doch und hat nicht mehr alle Tassen im Schrank" hin zu "Dem kannste nix glauben, der erzählt eh nur Schrott" bis zum Schluss das Umfeld die Lügengeschichten satt hat oder simpel nicht mehr weiß was sie noch glauben sollen. Sie wenden sich ab. Für die Betroffenen folgt Isolation und Vereinsamung. Depressionen können folgen.
Mit Pseudologia phantastica ist nicht zu spaßen, auch wenn es für das Umfeld manchmal echt nervig und schockierend sein kann. Der Betroffene selber braucht Dringend Hilfe.
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